Die Anfänge der Schützengesellschaft

In den Weinfelder Heimatblättern vom 24. August 1945 schrieb F. Brüllmann, dass am 12. November 1543 die Büchsenschützen von Steckborn bei den Boten von Zürich und Uri, die im Kloster Feldbach die Rechnung abnahmen, um eine jährliche Verehrung für das Schiessen ersuchten, weil sie mit grossen Kosten eine Schiessstätte erbaut hätten. Diese Angabe entnahm Herr Brüllmann den Eidgen. Abschieden Band IV 1d. Es ist damit bewiesen, dass schon 1543 in Steckborn eine Schützengesellschaft bestand.

Im Archiv der Bürgergemeinde Steckborn sind alte Schützen-Rodel aufbewahrt. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf Auszüge aus diesen Büchern und erheben keinen Anspruch auf eine lückenlose Geschichte über die Anfänge des Steckborner Schiesswesens. Der älteste dieser Schützen-Rodel schildert die Zeit von 1659 bis 1688 und beginnt wie folgt:

«Anno 1659 Jahrs den 4. tag April batt ein gantze Ehrsame Schützengeselschafft alhie zu Steckboren Ihre Schüzen Ordnung widerumb ethwas erneüeret. Ist zwar die Ordnung welche Anno 1652 gemacht für gut gehalten worden. Allein hat ein gantze Ehrsame Schützengesellschaft für besser befunden dass wie man all weg alle Jahr von der Gesellschafft erwelt zwen Neüwe Schützenmeister soll fürterhin allwegen ein alter und Neüwer Schützen Meister gesetzt und erwelt werden wie dan solches auch diss mahlen beschehen damit Alles in besterer Ordnung behalten werde. Auch haben die frumen fürsichtig und weisen unsere Herren Herren Burger Meister und Ein Ehrsamer Rath allhie zu Steckboren den obgedachten Herren Schützen einer gantzen Ehrsamen Schützengesellschafft Einen Herr Obman gesetzt erwelt und geordnet welches darumb beschehen dass gudte Breüch und Ordnungen nit in abgang kumen und hin gegen keine bösen Breüch gemacht werdind.»
Es folgen die Namen des Obmanns und der 2 Schützenmeister. Obmann war viele Jahre Hans Ulrich Hausmann, zuerst Seckelmeister, später «Stadt Haubtman und Burgermeister».
Auf der nächsten Seite ist zu lesen:
In dem Namen Gottes fahend wir an in disen Rodel zu verzeichnen alle die Jenigen welche den gesellschaft batzen erlegt und sich damit widerumb in die gesellschaft in kauft. Auch alle die Jenigen welche bey dem allein was wir dass gantze Jahr verschiessen das Best und Nachbest gewunnen. Hernach wirt auch weiter folgen was bey dem W in welcher auff dem Schützen Haus verbraucht für ein (für Schlag gemacht wirt. Und alles das was darbev auf gath und verbraucht wirt. Gott der Allmechtige wolle uns die Gnad verleihen dass wir disen Rodel und noch vill andere Mehr in gutem Friden und Wolstandt unseres geliebten Vaterlandts mögend vollenden. Und wan es aber Gottes Will sein würde dass wir unsere Waffen sollten gebrauchen zu Defendierung seines heilligen und Hoch Würdigen Namens Ehr und zu befürderung unseres Heils so wöll Er unsere Hend selbs lehren Streiten. Und uns einen herlichen tapferen und bestendigen Sig ver leyen. also dass sein heiliger Name dardurch geförderet und geehret werden möge Amen.»
(Das Vorgenannte wird am Anfang der späteren Rodel fast wörtlich wiederholt.)
Weiter sind dann die 37 Mitglieder vermerkt, «welche den Gesellschaft Batzen geben».
Ab 1662 sind im Rodel, nebst Obmann und 2 Schützenmeister. auch 1 Zeiger und 1.Auftrager  (Schützenwirt) mit Namen vermerkt.
Im Jahre 1659 wurden vom Ostermontag bis zum 24. Oktober 22 Schiessübungen abgehalten. An jeder Übung wurden 2 Gaben an die besten 2 Schützen verabfolgt, zum Teil sogenannte Gesellschaftsgaben und zum Teil Frei- und Hochzeitsgaben. Jeder Hochzeiter musste den Schützen eine Gabe stiften, zum Beispiel «Melchior Labhart Beckh alls er Hoch Zeit gehalten verehrt er uns ein Hoch Zeit Gab nämlich 18 Batzen welches wir den 15 Heüwet verschossen. Und hat das best gewunnen Jacob Harber. Das nach best hat gewunnen Hans Ulrich Hanhart Würt zur Sunnen.» Sehr oft wurden auch Hochzeitsgaben in natura spendiert, zum Beispiel «1 Schafbock ein Dugaten wert; 1 Hammel: 1 Fässli; 1 bar Hosen» usw.
Am 26. Juli 1659 beschloss der Stadtrat den Schützen 6 Gulden als Ehrengabe zu verabfolgen. Diese sogenannte Herrengabe, die die Schützen auch in den folgenden Jahren erhielten, wurde jeweils im August an der «Schützen Kilby (auch «Kirbe» genannt) an die 2 besten Schützen verteilt. Am Tage nachher war die «Nach-Kilby», an welcher auch geschossen wurde. Ab 1662 sind auch Gaben des Landvogtes verzeichnet, die allerdings nicht jedes Jahr aufgeführt sind, zum Beispiel 1662: «auf den 31, Merz habend wir von dem Edlen, vesten und gestrengen Junckher Lindvogt Joseph am Rihn empfangen 6 Gulden 6 Batzen. Daraus habend wir 2 Gaben gemacht ..
Geschossen wurde bekanntlich beim Schützengraben, östlich der Stadtmauer. Der Schützengarten und der Schützengraben, sowie Kegelbahnen beim Schützenhaus und beim Kehlhof wurden von den Schützen verpachtet. Im Jahre 1671 ist eine Art Budget verzeichnet.
Anno 1671 hat eine Ersamme Schützen Gesellschaft zu verschiessen und so fürohin das Ordynary sein württ Jährlich
1. Von unsern gnädige Herren
    und obern                                 12 Gulden
2. Grundt Zins von garten              5 Gulden
3. von Graben Zins                       6 Gulden 44 Kreuzer
4. von Leuwen Wurth von
   30 Gulden 9 Batzen Zins             1 Gulden 31 Kreuzer
5. von Keggel Ris                                      40 Kreuzer
6. von Fürschlag Jährlich darzu     1 Gulden 17 Kreuzer
                                               27 Gulden 12 Kreuzer
macht 17 Sontag a 24 Batzen»

das heisst an 17 Schiessübungen wurden 24 Batzen als Gaben abgegeben (1 Gulden = 15Batzen oder 60 Kreuzer). Auch über die Schützenwirtschaft wurde Rechnung geführt. Aus dem Erlös wurden Zeiger und Auftrager entschädigt und der Vorschlag ging in die Kasse, zum Beispiel 1659: «den 17 Aberelen verbrauchten wir 2 Amer Win (2 Eimer Wein) kauften den Amer umb 25 Batzen gibt fürschlag über Zeiger und Auftrager 11 Batzen.»


Spätere Schützenrodel beginnen mit folgendem Spruch:
«Wir Menschen sind in diser Welt
als Schützen in den Stand gestellt
wir schlagen an und zilen oft
nach dem ein jeder wünscht und hofft
als dass wir uns zu Gott nur hielten
und eintzig nach dem Himmel Zilten.»


Im Rodel des Jahres, 1714 ist auch die Schiessordnung notiert
Es sind von einer Ehrsamer Schiessgesellschaft nebst Hr. Obman folgende Ordnungen gemacht worden als
— Es sollen nit mehr als Zwey Schützen aus einem Rohr
auf dem Schützenhaus schiessen.
— Ein jeder Schütz solle sein Eigener Degen tragen und
nicht von Anderen etwa einen entlehnen bey Straf
4 Kreuzer jedem
— Es solle auf den ersten Schiesstag mit Musqueten
und den andern mit kleinen Rohren geschossen wer-
den, und so fort an den Somer umb gewechselt
werden
— Der Auftrager solle das Broth so er aufs Schützenhaus
braucht, alle Zeit bey den Becken nemen, welche in
der Gesellschaft ein verleibt und schiessen und jeder-
weilen umb wexlen
— Der Doppel solle vor den ganzen Somer erlegt werden
inerhalb 4 Wochen in 3 mahl
— Es solle kein Schütz welcher in die Gesellschaft ein
verleibt, befuegt seyn, vor eine Braut zu schiessen,
wann man eine Hochzeit Gab ausschiesst
— Es sollen die Schützenmeister den Best und nach Best
Gewinnern, nach vollendeten Schiesstagen oder Somer,
die Gesellschaft Gaben mit Gelt bezahlen.»
Zum Abschluss sei noch ein Beschluss des Stadtrates
vom 18. Mai 1715 vermerkt: " Es sollen die Schützen allso
lang das Schiessen wehret nit befuegt sein anderweitig
zu trinkhen."

So streng waren damals die Bräuche!
K. Gräflein    Bote vom Untersee

Die Schiessordnung von 1803 ist dann schon ausführlicher