Die Neuburg (Neuenburg)

Neuenburg

Die bedeutendste Burganlage am Untersee und eine der stattlichsten im ganzen Thurgau war die Neuenburg bei Mammern, deren malerische Ruine noch heute weit in die Runde grüßt. Ein wohlbegüterter Edelmann baute sie auf eigenem Boden, wahrscheinlich der Freiherr Ulrich III. von Altenklingen, der 1274 auf seiner Feste Nüwenberch urkundete und sich 1275 „von Nüwenberch" nannte. Anfangs 1290 verkaufte er die Burg mit Gütern und Zubehörden, welche zusammen die Herrschaft Neuenburg bildeten, an die Brüder Dietegen, Konrad, Walter, Heinrich und Eblin von Castell um 11.3 Mark Silber. Der eine, Walter, war 1308 Zeuge der Ermordung des Königs Albrecht und begleitete 1311 den König Heinrich auf seiner Romfahrt. Eblin (Albrecht), Propst der Stefanskirche in Konstanz, und sein jüngerer Bruder Albrecht, Domherr und später Propst zu St. Stefan und zu St. Johann, zu Bischofszell und Zurzach, übertrugen 1319 ihr Eigengut der Abtei St. Gallen und nahmen es samt der Herrschaft Mammern vom Abt zu Lehen. Später, vermutlich nach dem Tode des jungem Albrecht von Castell 1344, gelangte die Neuenburg mit beiden Herrschaften als st. gallisches Lehen an den Ritter Rudolf von Wolfurt, der den Besitz 1389 an den Ritter Johann von Eberhardswil (bei Bregenz) verkaufte.

Foto von 1960 (K.A. Dörig)

Dieser fiel im Appenzellerkrieg 1405, worauf sein Neffe Konrad von Baustetten die Burg und Herrschaften erhielt. Schon 1411 gehörten sie dem Ritter Heinrich von Ulm, dessen Söhne Georg und Heinrich 1451 das Lehen an die Brüder Sigmund und Hugo von Hohenlandenberg zu Wellenberg verkauften. Nach dem Tode Sigmunds 1459 wohnte Hugo auf der Neuenburg, wo er um 1470 starb. Von seinen vier jungen Söhnen zog Hans später nach Rapperswil, wo er 1490 Schultheiß wurde. Die drei jungem Brüder teilten 1487 das Erbe, wobei Kaspar und Balthasar Schloß und Herrschaft Wellenberg erhielten, während Melchior die Neuenburg bekam. Um 1511 folgte ihm als Gerichtsherr sein Sohn Hugo Dietrich, der wie sein Vater ein eifriger Reisläufer war, u. a. nahm er als Söldnerführer am Kriegszuge für Herzog Ulrich 1519 lebhaften Anteil, wofür er mit einer hohen Buße bestraft wurde. Von seiner Gattin Euphemia Egli hatte er die Herrschaft Herdem geerbt, weshalb er 1522 die Neuenburg mit der Herrschaft verkaufte und das Schloß Herdern bezog.
In den nächsten Jahren wechselten die Besitzer der Neuenburg mehrmals: von 1522-1523 gehörte sie Hs. Lienhard von Rischach, von 1523-1528 dem Freiherrn Georg von Hewen, von 1528-1530 dem Poley Thüringer, des Rats zu Steckborn, von 1530-1540 dem Junker Marx von Kilchen zu Lindau. 1540 gelangte die Burg an Ursula von Hütten, geborene Thumb von Neuburg, Witwe des von Herzog Ulrich von Württemberg 1515 aus Eifersucht getöteten Hans von Hütten. Nach ihrem Tode um 1552 vererbte sich die Herrschaft an ihren Bruder Konrad Thumb von Neuburg, Erbmarschall des Herzogs von Württemberg, dessen Urenkel Hs. Friedrich Thumb 1621 den Besitz an die Brüder von Roll aus Uri verkaufte: Joh. Walter, Ritter und Komtur des Ritterhauses Tobel, Karl Emanuel, des Rats in Uri und damals Landvogt im Thurgau, sowie Joh. Peters, Ritter und alt Landammann in Uri.

Foto von 1960 (K.A. Dörig)

Die Familie von Roll gehörte zu den einflußreichsten der katholischen Orte; sie besaß zu jener Zeit großen Reichtum. Von den drei Enkeln Joh. Peters erhielten bei der Teilung 1663 Franz Karl und Walter Ludwig von Roll die Herrschaft Mammern, Hs. Peter die Herrschaft Neuenburg mit der Burg. Diese ging 1669 an Karl Anton Püntener, Landeshauptmann in Uri, über, dessen Söhne 1690 die Feste mit Zubehör dem Kloster Rheinau verkauften, das 1686 von Wolfgang Rudolf Reding von Biberegg, Landschreiber im Thurgau, die 1667 erworbene Herrschaft Mammern käuflich an sich gebracht hatte. Fast anderthalb Jahrhunderte blieb die Neuenburg dem Stift Rheinau zugehörig; in dieser Zeit wurde sie zur Ruine.
Die imposante Burg erhebt sich auf einer Bergzunge, die aus dem Nordhange des Seerückens vorspringt und vom Bergmassiv durch eine breite Kehle getrennt ist. Nördlich fällt sie gegen eine wenig tiefer gelegene Staffel ab, auf der die Vorburg, der äußere Schloßhof, stand, und wo sich am Westende der südlichen Ringmauer das erste Tor befand. An die Westflanke lehnten sich mehrere Bauten an. Vom Nordzuge sind noch spärliche Mauerreste erhalten und den östlichen zeigt nur noch ein Erdwall an. Der Burgweg zog sich dann der südlichen Ringmauer entlang und erreichte bei der Südostecke das Hochplateau, auf dessen Nordende ein großes Zugang zum innern Hofe und zum Zwinger. In der Südostecke des Hofes erhebt sich der viereckige Turm, von dem der größte Teil eingestürzt ist.

Neuburg nach Pecht

Der oberste, fünfte, Stock ist Backsteinbau; die übrige Außenmauerung besteht aus ziemlich unregelmäßigen Lagen von mittelgroßen Kieseln. Den Zugang zum Erdgeschoß bilden zwei Türen in der 2,12 Meter dicken Nordmauer. Der Turm enthielt ein Gewölbe für das Archiv, in dem nach einer Notiz von 1621 alle die Herrschaft berührenden Urkunden und Akten verwahrt waren. Er hatte auch „eine große schöne Zeig- und Schlaguhr mit zwei metallenen, schönen Glocken. Zur Burg gehörte eine Kapelle, über deren Ausstattung ein Inventar von 1687 genauen Aufschluß gibt; sie ist wohl beim Bau der Anlage erstellt worden, während die Ausrüstung von Landschreiber Josef Anton Püntener herrührt, dem die Neuenburg von 1669 an gehörte. Wie jede größere Burg besaß diese auch ein Zeughaus mit Ausrüstung zur Verteidigung; noch um die Mitte des 16. Jahrhunderts galt die Neuenburg als eine starke Festung, die 2000-3000 Mann aufzunehmen vermöchte und von der aus der Thurgau gefährdet werden könnte. Im 17. Jahrhundert befand sich die Burg nicht mehr in gutem Zustande, obwohl Schloßkapelle erstellt wurde, holte man das Baumaterial in der alten Neuenburg. Nach und nach fiel auch der Turm der Verwitterung anheim. Bald nach dem Verkauf des Schloßgutes Mammern an einen Privaten (1838) erwarb Graf Elking zu Glarisegg die Ruine Neuenburg, die seither mit Umgelände eine Zubehörde des Schloßgutes Glarisegg bildete, bis Dr. Waldemar Ullmann in Mammern sie 1930 in seinen Besitz brachte, um sie vor der völligen Vernichtung zu bewahren und die Anlage auszubessern und zu sichern.

Foto nach Restauration 2008