für
Hr. Melchior Labharten verordneten Schulmeister alhir zu Stekborn.
Uff Martini Ao. 1665 angenommen.
Schulordnung für die Christliche Schul Einer Ersamen Burgerschaft zu Stekborn.


Von dem Ampt eines Schulmeisters ins gemein.

1. Erstlich und vor allen Dingen sol der Jenige, der sich underwindt, Schul zu halten und die Jugend zu underrichten, all sein sinn und sorg dahin haben, daß die Ehr Gottes und die Zeitlich und Ewige Wolfahrt der Lieben Jugend durch ihn befördert werde. Zu dem end sol er die Kinder, die ihm zu seiner aufsieht und underrichtung vertrauwet und übergeben werden, nit allein in Eiißerlicher Zucht und Ehr, im schreiben, Leßen und anderen der gleichen notwendigen stuken an zu führen, sondern auch derselben gemüt als Tempel deß hl. Geistes zu erkantnus und rechtschaffner furcht Gottes, zue allen Christlichen Tugenden zu verleiten sich best seines Vermögens befleißen, auch zu sehen, daß Er selbst in Christlicher Lehr und glaubens artikeln wol gegründet und under richtet seye, und darneben fromm und gotsfürchtig und im gebät andachtig und eyfferig und in seinem gantzen Thun ernsthaft und gwüßenhaft sich erzeige und also der Jugend mit gutem beyspiel vorgeht.

2. Ein Schulmeister sol gegen den Kinderen allen und Jeden ohne underscheid und ansehen der Person gesinet sein wie ein Vater und deß- wegen gegen den selben fründtlich und liebreich, aber doch auch ernsthafft sich erzeigen und mit großer Treuwe ihme angelegen sein laßen, sie mit allem fleiß zu under richten, darzu dan erfordert wirt, daß Er die gschiklikeit habe, daß Er köne Lehren und selbs wol geübt seye in leßen, schreiben, rechnen, singen und anderen underweißungen, so der Jugend nothwendig.

3. In underweißen und Lehren sol ein Schulmeister fleißig achtung geben auf die art der Kinderen und under den selben wüßen zu machen einen vernünfftigen underscheid, weil die einen mit Liebe und fründlichkeit, die anderen mit Ernst und Reühe wollen gezogen und gelehrt sein, und wie diese durch zu vil nachlaßen und milte nur desto muetwilliger, frächer und bößer, also könen die anderen durch zu vil rüche und strenge scheüch gemacht und verderbt werden, darum Er sich in solche underscheidenliche arten zu richten ihme sorgfeltig sol angelegen sein laßen.

4. Ein Schulmeister sol arbeitsam und unverdroßen sein, kein müeh und arbeit, die Er an die kind verwenden muß sich nit laßen dauern, sich gantz auf die schulgescheft legen und sich aller anderen Sachen und händlen, die ihm daran verhinderlich, abtun. In suma alles dahin richten, daß die Kinder under seiner Institution und underweißung von Tag zu Tag zunemmen und man alßo gespüren möge, daß einer gantzen Burgerschaft rmz, Ehr und wolfahrt ihme in Treuwen angelegen.

5. und dan sol ein Schulmeister den verordneten Schulherren alle schuldige Ehr und gehorsame zu erzeigen und der selben erinnerungen und Zusprächen gutwillig anzunemmen und dem selben gefleißen nachzukomen schuldig und verbunden sein, auch sol Er einem jederweiligen Pfarrer, so der je zu Zeiten die schul auch vermög seines ampts besuchen thete, allen gebärenden respect beweißen und ihme gehorsamlich folgen, wan Er in Einem und anderm etwas zu verbeßern Rahtsam und nothwendig finden würde.

Von dem sonderbaren Ampt eines Schulmeisters In Haltung der Schul.

6. So ein Kind dem Schulmeister in die Schul gebracht und übergeben wirt, so sol er das selbig, es seye gleich reich oder arm, wilig und fründtlich auf nemmen, und Es halten als wen Es sein eigen Kind were, daselbige auch in der gehorsame und Zucht halten und umb daß waß unrecht mit der Ruthen abstrafen und im straffen ein gebürenden Ernst und ernsthaffte Bescheidenheit bruchen, sich vor allerley schwüren oder flüchen hüten, dardurch die Kind villmehr geergert und verbößert als gezüchtigt werden möchten, auch mit der straff der ruthen und in ander weg kein gefahr brauchen, und gegen die selben nicht nach neid, Haß, gunst und ungunst so Er gegen die Eltern tragen möchte.

7. Under den Kinderen sol Er kein Ungleichheit halten, also daß Er etwan ein Kind seinen Elteren, so die arm, schlecht und unvermögend in der Zucht, Lehr und underweißung: wolle entgelten laßen, sondern sol sich un- parteyisch erzeigen, dem einen so wol obligen und abwarten als dem andern, und überall ein gleichheit bruchen wie Ers vor Gott ihme getrauwt zu verantworten.

8. Die Schul sol wie allemahl mit dem gebät angehebt und Gott mit andacht und einbrunst angerufft werden, daß er deß Schulmeisters arbeit und der Kinder fleiß fruchtbar machen wolle, also sol auch allemahl die Schul mit gebät und danksagung beschloßen werden. Die morgen und abend gebät sollen bequemliche Schulgebät sein, da die erzellung der selben under den Kinderen um gehen soll, daß alle die selben lehrnen und ergreiffen, und sollen die Kinder im bäten zum andacht fleißig bereidet und angemanet werden.

9. Die gesetzten Schulstunden als nämlich Somers Zeit vor miten Tag von Sybnen biß gegen den Eilfen und nach miten Tag von 12 biß gegen 4, winter Zeit aber vor miten Tag 8 biß um 11. und nach miten Tag von 12 biß 4 sol er fleißig halten, in der Schul verbleiben, auch die Kinder dahin halten, daß sie bey Zeiten sich in der Schul befinden, auch ohne Noht sol er keins aus der Schul laßen, den abweßenden sol er laßen nachfragen, damit sie nit one vorwüßen der Elteren sich von der Schul enteüßern.

10. Alle Zeit sol Er in der Schul fleißig an wenden, den Kinderen, sonderlich den anfahenden, die Letzgen vorsprächen, die Letzgen von ihnen wider forderen, auch wo möglich sie selber behören oder wo er etwan andere müeße anstellen, sol Er die abwächslung machen, daß er aufs wenigest alle Tag ein jedes Kind ein mahl selbs behöre. Zu behören sol er anstellen nur allein die fertigesten und auch auf die selben achtung geben, daß es alles recht zu gange.

11. Den Schreibenden sol er alle Tag wenigst ein mahl über ihre schrifften die selbigen besichtigen, die fähler zeigen und verbeßern und die kind dahin halten, daß sie fleißig abzeichnen, waß gebeßert worden. Den anfängeren sol er mit Hand Zeühen beholffen sein, anstat der forschrifften soll Er fürhin den Kinderen Zedelbücher machen von zweyen oder dreyen Bögen, die Er im sonderbar mag bezallen laßen. Und sollen die Vorschriften den Kinderen alle monat geendert werden und wirt man die selben auch zu Zeiten sonderbar besichtigen.

12. Alle Wochen sollen zwo Bätschulen gehalten werden, als nämlich am Donstag und Samstag, da die Jüngeren im heil. Vatter unßer, glauben, Zehen geboten, Fragstücklinen, die Elteren aber in den Fragen deß größeren Kinderlehrs, auch die fertigsten in Zertheillingen und Zeügnußen fleißig geübt werden sollen, damit also die erkandtnus Gottes und seines willens in ihnen auf wachse. Nach mitentag an dißen beiden Tagen sollen die Elteren im gesang an geführt und under richtet werden, den übrigen aber mag ein Urlaub vergünstiget werden, es sey dan daß in die Wochen ein feyrtag falle, so sol der feyrtag für die Urlaub dienen, und sol dan an dißen beiden Tagen schul gehalten werden wie sonst. Äußert dißen beiden Tagen sol ein Schulmeister nit befügt sein, ohne forwüßen und bewilligung eines der verordneten Schulherren den Kinderen urlaub zu geben, auch für sich selbs sol ein Schulmeister nit macht haben, über einen Tag von der Schul aus zu bleiben und durch andere selbe versehen zu laßen, es sey dan daß im sölchliches von den verordneten Schulherren sonderbar vergünstiget worden.

13. So under den schülleren deren weren, die sich in der rechenkunst zu üben begerten, soll ein Schulmeister auch die selben ab zu warten und allwegen nach geendeter schul noch etwan ein stündly die selben zu underweißen schuldig und verbunden sein, darfür man aber auch gegen dem selben etwan mit einem Trinkgelt sich dankbarlich ein zu stellen schuldig sein soll.

14. Auff alle Examma so des Jahres Zweymahl gehalten werden, sol der Schulmeister ein jedes Kind under denen, so schreiben, laßen ein schrifft machen, welche Neben der schrifft von dem vorigen Examine den verord¬neten Schulherren soll für gelegt werden, damit man sehe, wie sie sich gebeßeret, auch soll auf ein jedes Examen von dem Schulmeister ein Catalogus oder ordenliche verzeichnus aller und jeder Kinderen, welche die Schul besuchen, verfertiget und darin fleißig verzeichnet werden, waß ein jedes Kind lerne und wie weit es in dem Catechismo komen. Dißen Catalogum mag ein jederweiliger Pfarrer zu seinen Händen nemmen und ordenlich durch gehen, damit Er wüße, welche Elteren ihre Kinder in die schul schiken, welche nit, auch was die Kinder von einem mahl zum anderen gelehrnet.

15. Weillen auch von dißem eine gar notwendig und Löbliche Music Ordnung in underscheidenen artikeln verfaßet, nit ohne großen Nutz und erbauwung bißhero ist geüebt und von einer namhafften anZall Junger und gestandener Personen besucht worden, als sol ein Schulmeister der selben gemeß die gesetzten stunden fleißig halten, ohne Noht deren keine versäummen, sich mit denen, so die selbig besuchen, Im gesang fleißig üben und so wol in den Music stunden als auch in der Kirche vor zu singen schuldig seyn.

Im Kirchgang.

16. Damit die Jugend zur Gottesfurcht, als weliche der anfang ist zur rechten weißheit, desto mehr gewont werde, sol der Schulmeister alle Predig Tag Sonderlich an den Sonn und feyer Tagen die schulerkinder alle und jede eine halbe stund vor den Predigen, auch vor den Kinderlehren in der schul versameln, den Catechismum mit ihnen üeben und einen Psallmen singen und dan um das zu samen leüten in einer feinen stillen Ordnung in die Kirch ein führen, und alwegen sie zu vor auf die Predigten fleißig auff zu loßen ernstlich zu mahnen.

17. In der Kirchen sol Er die Knaben nirgen änderst wo sitzen laßen als in die Bank bey den singer stüellen, damit er achtung auf sie geben könne,daß er auch inen nit gestaten soll zu schwätzen, Troffiren oder in ander weg sich unberdig zu erzeigen, und wo einer oder der andere wider alles warnnen und Trewen unberdig sich erzeigte, sol er mit dem steken träffen und nach der Predig nach gebür darum ab strafen.

18. Nach der Predig sol er widerum mit ihnen in der Ordnung auf die Schul ziehen und keinem gestaten, davon zu laufen, sie auß der Predig fragen und nach mit ihnen verrichtem gebät züchtig und still heim zu gehen vermahnen.

Von dem Ampt der Schülerkinderen.

In der Schul.

19. Die schuller Kinder sollen alle in der schul bey Zeiten vor handen sein; die zu spat komen, sollen darum abgestraft werden. In der schul sollen die Kinder Stil, züchtig und gehorsam sich erzeigen, die für geschribenen letzgen fleißig lehrnen und in ihren bestimpten örteren still sitzen, biß sie zum aufsägen erfordert und vermahnt werden; auch sollen sie alles schwätzens, muttwillens, verzellens und anderer unzimenden dingen sich zu enthalten. Keines sol dem anderen überlegen sein, sondern je eines gegen dem anderen sich freündlich, liebreich und dienstbar erzeigen. Die muetwilligen und unberdigen sollen durch bestehe aufseher dem schull- meister angezeigt und nach gebür abgestrafft werden. Insonderheit sollen die Kinder so wol in als ausert der schul vor schweren, Übernammen und Lügen sich hüeten, und wo eines von dem anderen etwaß dergleichen hörte in der schul oder auf der gaß, sol es söliches dem schulmeister anzeigen, der nach befindnus der Sach daß fehlbare abstrafen soll.

Auff der Gaß.

20. Auf der gaß sollen die Kinder ebenmäßig sich züchtig verhalten in weiß und geberden, aus der schul einanderen nach heim gehen und underwegs alles Mutwillens, schreyens und anderen unzüchtigen geberden sich enthalten, auch wo sie für alte oder andere Ehrliche anhin gehen, sollen sie selbige Ehren mit Hut abziehen und überall sich also verhalten, wie es frommen, christlichen und Zucht liebenden kindern gebürt und zu steht, damit sie von Gott geliebet und von ehrlichen Leüten gelobt und gerümet werden können.

Vom Ampt der Elteren

die ihre Kind in die schul schiken.

21. Für daß hin, daß die Elteren ihre kinder einem schulmeister übergeben und vertraut, sollen sie anwiderum geschehen lassen, daß Er sie in der Zucht und gehorsame halte, sollen auch selbs ihre kinder daheim zu aller gehorsamme anweißen, und da je zu Zeiten ihre kind wegen ein und deß anderen Verbrechens müsten gezüchtiget werden, sollen sie einem schulmeister deßwegen nichts einreden oder anfinden oder haßen, auch den kindern daheim nit recht geben, als dardurch alle gute Zucht verhindert und die Kinder nur halstarrig gemacht werden.

22. Unnd weill es ja billig, daß ein jeder, der dem Altar dienet, von er alles dem Altar auch habe sein Nahrung, so sollen fürbaß hin die Elteren schuldig sein, daß gesetzte fronfasten gelt dem schulmeister fleißig zu entrichten, damit er deßen gefrewt werde und also seinem Ampt desto fleißiger abzuwarten und den kinderen obzuliegen desto lustiger und williger seye, wo aber Elteren sind, die den schullohn nit vermöchten, werden die selben an gebürenden orten sich an zu melden wol wüßen.

Vonn dem Ampt der verordneten Schulherren.

23. Damit dißem allem von dem schulmeister und den kinderen desto fleißiger nachgegangen werde, so sollen die verordneten Schulherren aufs wenigest alle Jahr zwey mahl die schul besuchen und umb alles fleißige nachfrag halten, nach gehaltem Examen den schulmeister aus stellen und sich mit einanderen underreden, waß dem selbigen zu seiner oder deß gemeinen Schulwesens verbeßerung für zu halten sein möchte, da dan der schulmeister, wie oben vermeldt, alles waß ime vorgehalten wirt, willig anhören und darnach sich zu richten befleißen sol.

24. Es sollen auch die verordneten schulherren einen schulmeister in seinen beschwerden und klagten, die er ob den kinderen oder ihren Elteren hete, freündtlich anhören und ihm mit hilff und Raht begegnen. Insonderheit da von bößwilligen Elteren und unverstendigen Elteren, weliche die Zucht ihrer kinderen nit leiden wolten, einem schulmeister etwaß Leids oder Verdrießlichkeit zugestatet werden solte, sollen sie im schütz, schirm, frid und ruhw verschafen und bey seinem ampt bester maßen handthaben.

25. So dan ein Schulmeister sein Ampt nit nach ehren versehen thete, sonder hinleßig und liederlich sein wolte, sollen die verordneten Schulherren söliches für einen versammelten Raht oder gar für ein gmeind bringen, da dan ein versamme Gmeind an keinen gebunden, sonder wo fern nach beschehenem zusprächen kein beßerung folgete, befügt sein sol, den Liederlichen zu verlauben und die schul mit einem beßeren und fleißigeren zu versehen.

26. Es sollen auch die verordneten Schulherren diße Schulordnung alle Examen ableßen laßen, die dan nach beschaffenheit der sach und der Zeit noch ein erinnerung darüber thun mögen.