Die alte Mühle

 1.2.56  Zeitungsbericht

Die Alle Mühle in Ermatingen wird abgebrochen. So steht es kurz und bündig in   der Zeitung. Damit verschwindet eines der ältesten Gebäude aus dem Ermatinger  Dorfbilde. Vom Standpunkt des Heimatschutzes aus mag dieses Urteil als hart bezeichnet werden. Man hörte vielfach die Meinung äußern, das Haus sollte als Zeuge aus alter Zeit erhalten bleiben. Aber die Einwände, die aus verkehrstechnischen Gründen ins Feld geführt wurden, fielen ungleich schwerer ins Gewicht. Wenn man aber auch die architektonische Bedeutung des Hauses nicht allzu hoch einschätzen will, so liegt in einem solchen alten Haus doch ein gewisser ideeller Wert.

Dieses Haus bildete früher die Staffage für das Schauspiel der Landvogtshuldigung, das sich beim Einziehen eines neuen Landvogtes auf die- sem Platz "an der Brugg" abspielte. Im Staatsarchiv zu Frauenfeld liegt ein kleiner Plan vom Oberdorf aus der Zeit von 1700. Darauf ist noch das ganze Mühleareal mit Weiher und Bachlauf seitlich der Fruthwilerstraße eingezeichnet. Noch früher floß der Bach sogar in offenem Bett durch den heutigen freien Platz vor der Mühle. Die Straße, damals nur von geringer Breite, überquerte ihn mit einer Brücke. Dies ist längst anders geworden; aber oberhalb der Mühle blieben hundert hinein bestehen. Erst in den Jahren 1935 bis 1937, der Bauzeit des Sekundarschulhauses. mußte der alte Weiher, der seiner Bestimmung als Wassersammler für die Mühlen schon lange nicht mehr zu dienen hatte, samt dem Bachbett aufgefüllt und eingeebnet werden, sehr zum Bedauern der Buben im Oberdorf!   Das genaue Alter der Mühle ist nicht bekannt; der gleichen Zeit wie das Rathaus, nämlich in den Jahren um 1500 herum, erbaut wurde. Auch der Name des Erbauers ist nicht bekannt.

Erst die Besitzer, die es zu Ende des 18. und im 19. Jahrhundert bewohnten, sind aufgezeichnet worden. Das Haus war damals, wie wahrscheinlich schon von Anfang an, ein Doppelhaus, das zwei Eigentümer hatte. In den Aufzeichnungen eines dazumal lebenden Bürgers ist unter anderem folgendes zu lesen:             

Vor 1800: In der Müll neben dem Adler, bewohnt den obern Teil der Marx Leubli, Fändrich. Seine Tochter hat sich verehlicht mit dem Jakob Tobler. (Die Tobler sind ein altes Bürgergeschlecht von Ermatingen.) Mit vielen Kindern haben sie das Haus lange Jahre bewohnt, da hat er, Tobler, das Haus verkauft an Herrn Sebastian Ammann, Bürgermeister im Adler. Der untere Teil im Haus, dazu die Müli, hat gehört dem Conrad Forster, der sie mit Frau und einem Sohn viele Jahre bewohnte. Nachher hat er das Haus samt der Müli an den (obigen) Jakob Tobler verkauft, welcher aber nach wenigen Jahren das ganze, obere und untere Haus samt Müli verkauft hat an den Herrn Bürgermeister Sebastian Ammann.

Der hat es seinem Sohn Johann Ulrich überlassen, der es viele Jahre bewohnt mit 2 Frauen, 2 Söhnen und 2 Töchtern. Nach dessen Tod hat es der Sohn übernommen, der es samt Frau und Kindern be- wohnt bis dato (1862). Dieser Sohn war Ulrich Ammann. Müller und Ortsvorsteher. Seinen Beruf als Müller übte er später nicht mehr aus: Das Mühlrad stand für immer still. Die Kinder des Müllers Ammann, Ernst und Mina, die beide ledig blieben und zusammen einen «Rauch» führten, sind den ältern unter uns Ermatingern noch in guter Erinnerung. Besonders die ihren Bruder überlebende Schwester, Fräulein Mina Ammann, ist als Wohltäterin und Donatorin auf der Ehrentafel der Schulgemeinde Ermatingen eingetragen. Sie hat schon zu Lebzeiten der Schulgemeinde das Haus zur alten Mühle geschenkt. Ehre ihrem Andenken!

H. Stg.

 

altemuehle

Rathaus                                         alte Mühle                                                 Hotel  Adler

 

altemuehleundloewen

Alte Mühle                                                     Rest. Löwen

 

bild3

Der " Platz an der Brugg " wo die Huldigung des neuen Landvogts stattfand